A Race in the Park und CycleVision 2019

Text und Bilder: Dieter Hannemann, Uli Bentlage, Jan Kranczoch, aus Info Bull 208

Vom 29. bis zum 30. Juni fand zum zweiten Mal das inklusive Radsportwochenende „A race in the park“ auf der formidablen Rennstrecke des Racepark Meppen statt.

Nach 2017 haben die Gebrüder Bentlage also erneut dieses spektakuläre Veranstaltungsgelände buchen können und mit ihren ebenso emsigen wie gastfreundlichen Familien die gesamte Organisation inklusive Homepage, Anmeldung, Unterbringung und Verpflegung auf sich genommen. Eine Premiere waren die diesjährigen Renntage dennoch, weil sie erstmalig in Kooperation mit der CycleVision stattfanden.
Im Vergleich zu 2017 waren es heuer fast 160 Starterinnen / Starter (ohne Zählung des Feldes bei der InduS Rekordfahrt), was einem Plus von etwa einem Drittel entspricht. Hierbei war eine besonders starke Beteiligung von Teilnehmerinnen / Teilnehmern aus den westlichen Nachbarländern zu verzeichnen. Ähnlich war die Konzeption mit insgesamt zwölf Läufen für Human Powered Vehicles, Rennräder, Tretroller, Handbikes usw., die für alle Fahrzeug-Typen, Altersklassen und Leistungsstufen mit mindestens einem passenden sportlichen Angebot aufwartete.
Also bot sich auch die Möglichkeit, dass mein kleiner Sohn Johann (10 Jahre, mit Trisomie 21) mit Papa Jan auf dem Tandem am Sonntagnachmittag ein Rennen mitmacht. Papa allein könnte morgens sogar noch sein 1-h-Zeitfahren auf dem Liegerad absolvieren – angenehmer könnte die Planung nicht sein. Mama Margarete will eigentlich nur am Nachmittag zusehen, aber es kommt dann doch ganz anders…

Die kleine Familie trifft am Samstagabend „pünktlich“ zum Grillfest auf dem Ferienhof Meutstege in Haren ein, den die Bentlages als Unterkunft herausgesucht und empfohlen hatten. Wir finden noch einen gemütlichen Platz für das Zelt auf der Wiese nebenan und an den Tischen draußen sehe ich viele bekannte HPV-Gesichter. Einige haben von der heftigen Sonne ganz schön Farbe bekommen oder sind noch von dem langen Rennen erglüht, das am Nachmittag stattfand. Wie ich erfahre, wurde es angesichts der Hitze durch die Rennleitung von 3 auf 2 Stunden verkürzt. Für einige war es sogar noch eher beendet, weil der Kreislauf rebellierte. Rückblickend war es also eine weise Entscheidung der Bentlages, im PlanungsKalender für die Renntage Meppen den Sommer 2018 auszulassen ;-). Die „Event-Bändchen“ am Handgelenk gewähren uns Zutritt zum köstlichen Buffet und Johann bekommt Bratwurst mit reichlich Ketchup. Während Mama und Kind sich bei Dämmerung ins Zelt zurückziehen, setzte ich mich noch eine Weile zu den anderen und genieße eine lokale Brauspezialität. Es ist so warm, dass ich mich hernach einfach im Freien auf eine dünne Matte bette und gleich einnicke.

Teilnehmerfeld am Start zum 10-Rundenrennen entgegengesetzt der Fahrtrichtung

Am nächsten Morgen lasse ich die Familie ausschlafen. Das Zeitfahren ist für ca. 9 Uhr angesetzt und ich muss Körper und Rad (einen unverkleideten Highracer) flott machen: Daher recht früh geweckt und ein kräftiges Frühstück mit Rührei, Obst und viel Kaffee in der geräumigen Scheune eingenommen. Die Fahrt zwischen dem Ferienhof und dem Racepark erstreckt sich über ca. 10 km, ist gut ausgeschildert und ideal, um die Beine zu lockern. Nach dem Check-In, das durch Marloes, Edgar, Toni und Hans unterstützt wird, habe ich noch Zeit für eine schnelle Probe-Runde auf dem kurvenreichen Asphalt-Kurs. Den kenne ich zwar schon (siehe Bericht in der IB 197), aber er fasziniert mich aufs Neue. Gestartet wird dann einzeln in der geschickten Reihenfolge: Rennräder, unverkleidete Liegeräder, teilverkleidete Liegeräder und schließlich Velomobile. Ich gehe sehr zügig an, doch nachdem der erste Adrenalinschub entwichen ist, bemerke ich die kräftige, brühwarme Brise, die einem auf der langen, exponierten Geraden frontal entgegenbläst. Die wird mich in den nächsten 50 Minuten zwar Schweiß und Nerven kosten, während die Velomobile rauschend an mir vorbeiziehen – allerdings haben offensichtlich auch die Top-Fahrer auf den Triathlon-Maschinen dort sehr zu kämpfen, denn ich schließe immer genau an dieser Passage auf und kann auch einige überholen. Bei aller Anstrengung werde ich aber in den vielen engen Kurven mit packenden Schräglagen belohnt (dieser Motivations-Bonus entfällt vermutlich bei den Velomobilen), die ich auf dem trockenen, perfekt gekörnten Asphalt richtig auskoste. Nach der letzten Runde bin ich froh über einen großen Becher Wasser und den Umstand, dass ich bei den spürbar ansteigenden Temperaturen den „Pflichtteil“ des Tages schon morgens erledigt habe. Die Ergebnisse dieses Rennwochenendes (teils mit Bedeutung für die BeND-Wertung) findet man unter www.speedhive.mylaps.com. Johann hat den Imbisswagen neben der Bahn entdeckt. Eine Stärkung vor dem „Inklusiven Rennen“ erscheint damit unausweichlich. Mit den Pommes in der Hand gehen wir alle in Richtung Startzone, in der bereits das Copilot-Stufentandem für Johann und mich bereitsteht. Maria, die Mutter der Bentlage-Brüder, bemerkt uns und weist meine Frau darauf hin, dass es da eine „Mitfahrgelegenheit“ gäbe: Marias Kettwiesel-Tandem fehlt nämlich noch die Stokerin. Margarete findet das Gespann so interessant, dass sie gleich zusagt. Man leiht ihr auch noch den vorgeschriebenen Helm und alle nehmen Aufstellung. Die beiden Frauen ziehen mit forschem Antritt weg; Johann und ich sind uns einig, mit den Kräften vorsichtiger zu haushalten. Ihm bleibt jedenfalls genug Energie, um diverse Lieder zu singen.

Teilnehmer*Innen-Feld zum Inklusionsrennen

Zeitweise werden wir von anderen freundlichen Fahrerinnen / Fahrern begleitet, denen unser moderates Tempo offenbar gefällt. Johann nimmt freudig die Grüße von Vorbeifahrenden und aus dem Publikum entgegen und winkt huldvoll zurück. Es ist zwar nicht mehr ganz so heiß, da einige Wolken aufgezogen sind, doch Johann verlangt vehement die Fahrt durch die Fontäne eines Rasensprengers, der zur Kühlung am Rand der Bahn aufgestellt wurde. Diese erfrischt ihn so nachhaltig, dass er in späteren Runden immer kurz vor dieser Stelle angsterfüllt seinen dringenden Verzicht auf weitere Duschen bekundet. Nach halber Distanz zahlt sich unsere besonnene Wettkampftaktik aus und wir können das Kettwiesel-Tandem wieder einfangen. Mama wird laut angespornt. Beide Teams beenden das Rennen mit einem zweiten bzw. dritten Platz in der Kategorie „Tandem“ und Johann ist mächtig stolz auf seine Medaille, die auch noch vom Bundestagsabgeordneten überreicht wird.

Fahrzeuge aller Klassen beim Inklusiven Rennen

Wie so oft bei HPV-Veranstaltungen, war wieder Gerard Arends für die Zeitnahme verantwortlich und Jan Limburg war als Rennleiter tätig; denen danken wir herzlich. Diese Jahr wurde A race in the park & CycleVision von zahlreichen Freunden und Gönnern unterstützt, denen wir an dieser Stelle ebenfalls sehr danken (in alphabetischer Reihenfolge: Bürgerwindpark Haren, AXA Vertretung Andreas Schütte, Bemer Group, ELAN, E-Trike Emsland, gesundheitsplus-shop.de, Rasti Stadtdesign, Sparkasse Emsland, Toxy und Yedoo Tretroller.)
Das Programm neben der Rennbahn war umfangreich. An beiden Tagen wurden Ausfahrten angeboten, bei denen Thomas Stegemann die Gruppe durch das mittlere Emsland führte. Am Samstag gab es einen zweiteiligen Workshop zur Velomobil-Reparatur (GFK – CFK), den Paulus den Boer durchführte. Der Sonntag wurde durch Vorträge zur #schokofahrt (Dieter Hannemann), der physikalischen Gefäßtherapie Bemer (Torsten Pahl ) und über VeloXS – die Jagd nach dem Geschwindigkeitsrekord (Matthias König und Ralf Golanowsky) bereichert.

In der Boxengasse gab es Infozelte zu Tretrollern, zur Bemer Therapie, zur #schokofahrt und zum HPV Deutschland e.V.. Auch für Bewegung war gesorgt: für die kleinen Gäste gab es eine Hüpfburg, von vielen wurden der Rasensprenger als Erfrischung genutzt oder die AussenKurvenKratzer – bekannt vom Großen Oldenburger Liegeradtreffen – konnten ausgiebig getestet werden.
Neben der Rennstrecke hatten die Bentlages zudem einen Basar für gebrauchte Räder und Teile arrangiert, auf dem Jan z. B. für einen Freund ein Paar Vintage-Pedalen aus dem Gratis-Karton ergattern konnte. Eventuell kann diese „Marktplatz“-Idee für zukünftige Veranstaltungen noch weiter ausgebaut und beworben werden, um unabhängig von den Rennen noch mehr Publikum aus der Region anzuziehen.

Ausblick für 2021 / Zusammenarbeit mit der CycleVision

Uli plant ein Feedbacktreffen aller Organisationskräfte und Helfer*Innen. Ihm hat die Zusammenarbeit mit dem CycleVision Team gut gefallen und die Kooperation war sehr hilfreich.

Fazit

Der Zuspruch zu dieser Veranstaltung war – wohl dank der beeindruckenden Rennstrecke, des vielfältigen Programms und der sorgfältigen Planung durch die Bentlages – wieder sehr gut. Die Lage des Veranstaltungsorts mit Nähe zu den Niederlanden scheint ideal. Die Unterbringung abseits vom Renngeschehen ist kein Manko, der Hof Meutstege bietet Gästen und Campern eine angenehme Atmosphäre; lediglich Stil und Kapazität der sanitären Anlagen könnten etwas verbessert werden.