The Worldchampionship 2018 in Betteshanger Park

Text: Andreas Hertting, Fotos: Andreas Hertting, Gary Salomon

Vom 13. bis 15. Juli fand die HPV-Weltmeisterschaft im Betteshanger Park statt. Oder nur der muskelbetriebenen Landfahrzeuge. Unsere englischen Kollegen vom BHPV schenkten uns eine feine Veranstaltung in ruhiger Atmosphäre.

Das Gelände zeigt seine schwarze Vergangenheit des Kohleabbaus nicht mehr, sondern erscheint als ein renaturierter Freizeitpark für verschiedene sportliche Aktivitäten. Dennoch ist die Rennstrecke, die als eine Acht mit verschiedenen Befahrungsmöglichkeit ausgelegt ist, der Mittelpunkt des Parks. Wir befinden uns inmitten der schönsten Ecke Englands, einer Region, die wieder verstärkt touristische Bedeutung gewinnt, und mit vielen Schlössern, Museen und natürlich der markanten Kreidefelsensteilküste zum Ärmelkanal viel zu bieten hat.

Die Zielgerade
Blick über die Start-Ziel-Gerade zum Auftakt der Weltmeisterschaft

Für mich war Südengland und Kent nur Nebensache, vielmehr standen Mike Burrows und alle «HPV-Infizierten» im Mittelpunkt. Ja – man muss schon einen Virus eingefangen haben, wenn man Sprüche hört wie diesen: «Man braucht nicht trainieren, man baut einfach ein schnelleres Velo». Mikes Bike zierte auf dem Sitzpolster, der von oben sichtbarsten Fläche seines teilverkleideten Carbonflitzers, dass ein Fahrrad einfach auch einmal anders aussehen kann. Und genau das trifft den Punkt: Diese Weltmeisterschaft ist anders! Hier gewinnen ältere Herrschaften wie Charles Henry oder Stephen Slade* mit Fahrzeugen, die maßgeblich von ihnen selbst mitgestaltet wurden, oder dem jungen Daniel Fenn, der sich ohnehin schon als Konstrukteur verewigt hat, und nach der WM-Fußballblamage den Vizetitel in unserer Lieblingssportart nach Deutschland holte.

*Auf Mike Burrows Sitz stand: »It»s cycling, but not as you know it”
**Auf eine wenig ernst zu nehmende Aussage seitens des britischen Verbandsvorsitzenden Alan Goodman trifft folgendes zu: »Steve (Slasher) Slade is 193 years old – He lives in an old folks home, drip-fed pure honey and is only released from his Oxygen tent on race days when he is placed in the Beano and pointed at the track… :o)”

Eine Veranstaltung mit fünf Rennen

Am 13.07. begann es mit der Frage, welches Potential in den Fahrer-Fahrzeug-Paarung steckt: 50m mit fliegendem Start , Sommerhitze wie in Deutschland, leichtes Gefälle und ein wenig wechselnder Rückenwind, was die Unverkleideten begünstigte, auch wenn die Verkleideten dennoch vorne waren: Matthias König vor Daniel Fenn und Richard Schaffenroth mit bis zu 75,6 km/h.

Am Samstag folgten das 2,1 km-Zeitfahren und das Stundenrennen: Hier zeigte sich eine Tendenz: Auf kurzen Distanzen waren die DF und Milan ihren vollverkleideten einspurigen Konkurrenten noch überlegen, doch bereits beim Stundenrennen zeigte es sich, dass alles was fehlt, selten stört, nämlich ein Rad weniger durchaus mehr sein kann, auch wenn geringere Geschwindigkeiten gefahren wurden, je länger die Rennen dauerten. Soll ich wirklich noch darauf hinweisen, dass die Vollverkleidung der einzige Weg ist, die Geschwindigkeit zu erhöhen?

Racer in Action
Race in Action

Selbst Mike Burrows scheint aber noch Frischluftfanatiker zu sein, denn sein Ratracer zählt in die Kategorie der Teilverkleideten. Er schaffte mit 40,5 km/h den achten Platz in seiner Klasse, und hinter ihm fuhr keiner mehr über 40 km. Leider holte er sich eine große Abschürfung, die ihn wohl davon abhielt, den dritten Wettkampftag mit seinen 75 Jahren zu bestreiten. An dieser Stelle sei noch auf das Interview hingewiesen, dass Gary Salomon mit ihm führte. Zweifelsohne wäre die Veranstaltung ohne ihn nicht denkbar gewesen, da er, der «King of Carbon» auch seine vielen Kreationen ausstellte, zu denen auch der olympische Lotus Prototyp gehörte.

Einspurer-Duell
Stephen Slade knapp vor Charles Henry

Am letzten Tag war der 15-Minuten-Sprint und das Dreistundenrennen angesagt: Waren Daniel Fenn, Matthias König oder Walter Klomp schon weniger motiviert, sodass Charles Henry und Stephen Slade vor den Velomobilen dominierten? Vielleicht auch so: Der 15-Minuten-Sprint fand auf einer kleinen Runde von nur 1,3 km statt, während der Sprint auf einem 2,1 km Oval stattfand: Nun mögen die Dreiräder enge Kurven nicht so sehr. In dem ads-velo-YouTube zeigt John Williams, dass manche nur auf zwei Rädern am Limit durch die Kurve eilten, während die Einspurer wie auf dem Bild zu sehen noch nicht am Boden schliffen.

Im Vorfeld meldeten sich 118 Fahrerinnen und Fahrer an, zehn davon fuhren nicht, sechzehn kamen aus Germany, und davon kamen vier in die TopTen. 13 von 108 gewerteten Fahrerinnen und Fahrern hatten mindestens eine Nullrunde. Mike ist der Höchstplatzierte mit zwei Nullern. Nicht zu vergessen ist, dass Veronica Schaffenroth auf Platz 17 knapp vor Eva Navratilova auf Platz 18 die schnellste Lady wurde. Natürlich vermisste ich Nici Walde, denn sie hätte hier sicher eine Topleistung hingelegt. Auch «unsere» Heike war nicht angereist, – sehr nachvollziehbar.

An Christoph Hipp wurde dann im Verlauf der Veranstaltung im Rahmen einer Gedenkminute gedacht, und vielleicht hätte er diesen Artikel viel besser geschrieben. So möchte ich an dieser Stelle Christoph würdigen, denn ein Rennen ist letztlich nur ein Rennen. Er wäre sicher dabei gewesen. Es sei angemerkt, dass die Sicherheit der Teilnehmer in der Gestalt der Rennstrecke lag und darin, dass keine weiteren Aktionisten querkamen. Des Weiteren wurde ein Schutz vor dem Kettenblatt zur Pflicht: das ist der vorderste Bereich, noch vor dem Vorderrad, das etwas weicher wäre. Leider oder zum Glück gab es wenige Zuschauer, ganz im Gegensatz zu Mannheim. So fehlte auch keine Tribüne, denn man hockte sich ins Gras neben der Strecke. Und träumte schon vom nächsten Mal. Vielleicht in Le Mans, natürlich 24 Stunden…