Staffelfahrt der Velomobile

Text: Morton Himmel & Fritz Horsthemke, Fotos: Teilnehmer

Vom 19. bis zum 21.03.2021 fand in Deutschland die Staffelfahrt der Velomobile statt. Dabei fuhren zwei Teams (genannt „Blau“ & „Gelb“) von Coburg in Oberfranken bzw. Rendsburg in Schleswig-Holstein los und radelten in Gegenrichtung zum Startpunkt des jeweils anderen Teams.

Die Teams umfassten dabei 19 (Blau) bzw. 18 (Gelb) Fahrer*Innen aller Altersgruppen und aller Leistungsklassen, d.h. vom Rennsportler bis zum Freizeitradler, wobei in letzterem Team auch ein Trike zum Einsatz gekommen ist. Während der Veranstaltung konnte man mittels eines vom jeweiligen Fahrzeug mitgeführten GPS-Trackers den groben Standort des eigenen sowie den des anderen Teams online mitverfolgen. Neben den aktuellen Statusberichten im eigens dazu eingerichteten Diskussionsfaden im Velomobilforum trug gerade dieses technische Hilfsmittel sehr dazu bei, den Teamgeist zu stärken. Auch Außenstehenden wurde so ein spannendes Mitfiebern ermöglicht. Letztendlich trafen die beiden Fahrer der finalen Etappen nahezu zeitgleich am jeweiligen Endpunkt ein. Der Autor war als Kapitän von Team „Gelb“ mit an der Organisation und als Fahrer beteiligt. Im Anschluss an die Veranstaltung hat er schriftlich das nachstehende Interview mit dem Initiator Fritz Horsthemke geführt.

Morten Himmel (MHI): Fritz, wie u. wann bist Du zum Liegerad/VM gekommen?
Fritz Horsthemke (FHO): 2017. Damals waren wir reine Tandemfahrer, Brigitte und ich. Im Winter trafen wir per Zufall ein anderes Tandem aus der Umgebung und waren überrascht, dass es hier noch jemanden gibt. In unserer Begeisterung wollten wir die Verbindung aufrechterhalten und fragten nach Kontaktdaten. Der andere (S. Heine) sagte, er habe kein WhatsApp oder andere Kommunikationskanäle, aber er sei im Velomobilforum. Dort stöberten wir herum und waren sofort angefixt. Ich schwärmte immer schon für schnelle Liegeräder, die Fahrzeuge vom Solarrace in Australien und anderen Veranstaltungen. Diese waren für mich jedoch unerreichbar und ich kannte auch keinen, der so etwas fährt. Wir lasen nur noch im VM-Forum und wollten auch eines haben. Nach 2 Wochen hatte meine Frau ein Angebot für ein Velomobil und da musste ich auch eines haben. 4 Wochen nach unserer Bekanntschaft fuhren wir mit einem Hänger nach Dronten, holten dort mein gebrauchtes rotes Quest ab und fuhren danach gleich weiter nach Aurich, um ein altes weißes Mango zu kaufen. Im Dezember 2017 kaufte ich dann mein gebrauchtes DF XL und meine Frau kaufte im März 2018 ebenfalls ein DF. Im Sommer ging es zur ersten Urlaubsreise nach Schottland und zurück mit insgesamt über 5.000 km.

Staffelfahrt der Velomobile ©Michael Rieck
Staffelfahrt der Velomobile ©Michael Rieck

MHI: Wie bist Du auf die Idee zu der Staffelfahrt gekommen?
FHO: Es war eine Mischung aus etwas auf die Beine zu stellen, mit anderen etwas zu erleben, Langeweile in der ereignislosen Coronazeit und die Idee, mit einem Tracker quasi live eine Fahrt mitzuverfolgen. Letzteres fand ich bei PBP [d.h. dem Langstreckenevent Paris-Brest-Paris] spannend aber schlecht gemacht.

MHI: Was war das Ziel dieser Veranstaltung?
FHO: Durch eine gemeinsame Zielsetzung und die dazugehörige Planung viele Leute, die man vorher nicht kennt, zusammenzubringen. Es galt dabei zusammen etwas Neues zu machen, ad hoc ein ehrgeiziges Ziel zu erreichen und (mehr) Leben ins Forum zu bringen.

MHI: Wie hast Du die Fahrer/-innen für die Veranstaltung gewinnen können?
FHO: Ich habe die Idee zuerst mit meiner Frau diskutiert, dann im Forum in der Plauderecke vorgeschlagen und Möglichkeiten diskutiert, danach einen Termin gefunden und losgelegt. Die meisten Teilnehmer/-innen fanden sich durch die Diskussion und das Lesen. Manche Leute haben wir auch direkt angesprochen.

MHI: Und wie hast Du die Strecke zu der Veranstaltung geplant?
FHO: Aus den Wortmeldungen im Forum heraus und wer wann Zeit hat. Damit haben wir eine grobe Karte mit der geografischen Verteilung der Interessierten erstellt. Daraus ließ sich dann ableiten, wo die Route langlaufen könnte, damit möglichst viele mitmachen können. Die genaue Detailplanung wurde danach zwischen den Fahrerinnen und Fahrern der jeweiligen Teams abgemacht.

MHI: Welche Herausforderungen u. Probleme hat es im Zusammenhang mit der Staffelfahrt gegeben?
FHO: Zuerst galt es, sich auf ein Format zu einigen, das möglichst viele unter einen Hut bringt. Als zweites zu entscheiden, ob die Veranstaltung ein Wettrennen, ein Treffen, eine gemeinsame Ausfahrt, oder ein „Teddybären durch die Republik fahren“ sein sollte. Drittens mussten wir einen Termin finden, bei dem möglichst viele konnten. Viertens galt es, die Idee auf Kurs zu halten. So gab es immer wieder Diskussionen, die zu Abweichungen von der ursprünglichen Idee geführt hätten. Gleichzeitig musste auch ich teilweise Kompromisse eingehen, damit die Veranstaltung überhaupt stattfinden konnte. Des Weiteren war mein Ziel, eine möglichst lange Route mit möglichst vielen Fahrern zu gestalten. Dabei gab es anfangs größere Lücken, für die keine Fahrer vorhanden waren. Diese wurden zum Glück dann meistens mittels einer direkten Ansprache gefunden. Manche Fahrer waren später verhindert und es musste Ersatz gefunden werden, was sehr spannend war. Einige wollten ob des erneuten Wintereinbruchs nicht nachts fahren. Deshalb musste sich z.B. auch zuerst eine Teilgruppe des Teams im Süden zum Starten bereit erklären, damit alle weiteren Teammitglieder fahren würden.

MHI: Welches war Dein schönster Moment vor/während/nach der Veranstaltung?
FHO: Die schönsten Momente vor dem Start waren zum einen, dass so viele mitmachen wollten und zum anderen dann die Aufbruchsstimmung, als es endlich losging. Besonders gefallen haben mir die Telefonate mit etlichen Teilnehmern, sei es um sie zu gewinnen oder der allgemeine Austausch mit ihnen. So habe ich viele überhaupt erst einmal kennengelernt. Beeindruckend war auch der Zusammenhalt in den Teams und wie die Teilnehmer füreinander eingesprungen sind, z.B. indem sie sich entgegen gefahren sind, Abschnitte von Anderen übernommen oder geduldig aufeinander gewartet haben. So hat keiner über einen gemeckert, sondern überlegt, was er/sie für den/die andere/n tun kann.
Während der Veranstaltung habe ich mitgefiebert und verfolgt, wo jemand ist und ob unser Zeitplan funktionieren wird.

MHI: Welche Lehren hast Du für Dich aus den Erfahrungen mit dieser Veranstaltung gezogen?
FHO: Dass man so etwas mit wenig Zeit auf die Beine stellen kann. Vielleicht macht es die Veranstaltung spannend(er). Mit mehr Zeit hätte man aber auch mehr Ruhe. Sinnvoll ist es, die Route von den gemeldeten Teilnehmern abhängig zu machen. Dadurch ist man in der Planung flexibler. Man könnte auch die Begleitung durch einen Ersatzfahrer anregen. Dieser würde dann bei einem Ausfall übernehmen. Wenn keiner ausfällt, können eben auch zwei Leute gemeinsam fahren. Dadurch wäre die Durchführung
besser gegen Ausfälle abgesichert. Außerdem möchte ich gerne das rechtliche Absicherungsthema verbessern, insbesondere wenn der Aufwand durch mehr Teams und mehr Aufmerksamkeit zunimmt oder wenn die Staffelfahrt einen stärkeren Eventcharakter entwickelt. D.h. man muss mehr Klarheit zu den Themen Datenschutz, Absicherung für die Organisatoren und auch für die Teilnehmer gewinnen.

MHI: Was würdest Du das nächste Mal anders machen und inwieweit ließe sich der HPV Deutschland e.V. dabei einbinden?
FHO: Der HPV hat sicher Erfahrungen insbesondere zu den letzten Punkten. Gerne würde ich mich mit diesem beraten und darüber informieren, welche Ziele der HPV verfolgt bzw. wie er diese erreicht.

MHI: Eine letzte Frage noch zum Schluss bitte: was sind Deine zukünftigen Pläne?
FHO: Meine Wünsche sind, die Staffelfahrt jedes Jahr zweimal durchzuführen. Anbieten würde sich das terminlich im Frühjahr und im Herbst. Sehr schön wäre es auch, weitere Nachbarländer mit einzubeziehen und dadurch die Fahrten immer wieder in neue Gebiete führen zu können.

MHI: Fritz, herzlichen Dank für dieses interessante Gespräch, weiterhin jede Menge tolle Ideen und viel Erfolg bei der Umsetzung Deiner zahlreichen Projekte!

Fritz Horsthemke sucht bereits Mitfahrer*Innen für eine neue Ausgabe der Staffelfahrt. Diese können sich bei Interesse gerne per E-Mail an ihn wenden: fh@ufoconsult.de