Vom Sorpesee nach Paderborn

140 km durch fünf Täler entlang der Flüsse Sorpe – Röhr – Ruhr – Möhne – Alme

Ein Reisebericht aus 2003 von Volker Kukulenz.

In den Osterferien 2003 sollte (nach ca. 1000km Eingewöhnung) die erste große Tour mit meinem im Februar gebauten Zephyr Tieflieger steigen. Beste Gelegenheit war ein Besuch bei meinen Eltern in Sundern/Allendorf, am westlichen Ende des Hochsauerlandkreises. Ich habe die Fahrt in beide Richtungen gemacht, beschränke mich hier aber auf die Ost-West-Richtung, das war mein Rückweg.

Start gegen Mittag in Allendorf im Sorpetal, dessen Verlauf ich auf Nebenstraßen folge: Nach 5km beginnt der Sorpesee, einer der vielen Talsperren im Hochsauerland. Die Straße am rechten Ufer ist für KFZ gesperrt, dennoch breit und in sehr gutem Zustand. Dieses über 8km lange ebene Kurvenparadies teilt man sich mit wenigen Fußgängern und wahren Heerscharen von Inlineskatern. Man ist aber sehr rücksichtsvoll im Umgang miteinander, wirklich angenehm.

Wer hier auf Tempo fahren will, sollte das aber selbstredend nicht Sonntags in der Hauptsaison versuchen… Schnell ist der Sorpedamm erreicht, der im Gegensatz zu anderen Talsperren bepflanzt und keine blanke Mauer ist. Von Langscheid rausche ich hinab nach Hachen, wo die Sorpe bereits in die Röhr und die Straße auf die B229 mündet. Letztere ist stark befahren und z.T. ohne Randstreifen. Außerhalb der Ortschaften wird oft übel geheizt, so daß ich es vorziehe, für das Teilstück ab dem Forsthaus Reigern auf den R41 auszuweichen. Der ist dort aber eher für Mountainbikes geeignet (richtig grober Schotter) und macht mit dem Tieflieger wirklich keinen Spaß. Nach Müschede, das ich auf der Bundesstraße durchfahre, ist der R41 wieder asphaltiert, dafür trifft man dort vor Neheim-Hüsten im Minutentakt Schwerlastzüge auf dem Weg zum nahegelegenen Steinbruch, das kostet schon Nerven, ist aber nicht wirklich gefährlich. An Wochenden dürfte sich das auch erledigt haben.

Sorpesee - Staudamm, Langscheid
Sorpesee – Staudamm, Langscheid

Neheim-Hüsten selbst erscheint eher trostlos, viel Industrie entlang der Autobahn und des Ruhrtals. Wer eine Deckenleuchte made in Germany besitzt, hat übrigens gute Chancen, daß sie aus dieser Gegend kommt. Die Streckenführung der Radwege ist im großen und ganzen eine Katastrophe, z.T. sehr schlecht und verworren, in erster Linie geeignet, Radfahrer von den Straßen fern zu halten.
Besser wäre gewesen, mehr oder weniger direkt durch die Stadt zu fahren, um den Ortsteil Moosfelde und die Möhnestraße zu erreichen. Dort endlich angekommen, nehme ich zunächst den Mehrzweckstreifen und trete nach dem vermurksten Radwegnetz befreit mit 30-35 km/h bergauf. Später gibt es einen linksseitigen Radweg. Nach dem dritten Verkehrsunfall-Gedächtniskreuz am Straßenrand benutze ich den auch, und er ist wirklich ok.
So erreiche ich Günne und um 14.30 Uhr die Möhnesee-Staumauer.

Möhnesee - Staumauer
Möhnesee – Staumauer

Eine kurze Rast mit etwas frischem Obst, fürsorglich von Mutter eingetuppert. Das schmeckt auch mit 37 Jahren noch ?. Anschließend folgt wieder eine Kurvenorgie auf KFZ-freiem Asphalt, den Süd-Arm des Möhnesees entlang, über die Hevebrücke vorbei am Torhaus und dann den Südrandweg des Hauptarms entlang Richtung Osten. Hier gibt es keinen Radweg, die Straße ist aber ohne Durchgangsverkehr und komplett mit 50km/h Geschwindigkeitsbeschänkung.

Hevebrücke Möhne
Hevebrücke Möhne

Trotzdem erlebe ich zwei Ausflugsradler, die auf der linken Fahrbahnseite den knappen Fußgängerstreifen als Radweg mißbrauchen und für ordentlich Verwirrung sorgen, als ihnen eine Gruppe Rennradler entgegenkommt, die gerade von PKW überholt werden, während ich auf der rechten Fahrbahn wiederum den Autos im Weg bin. Kommentare spar ich mir, frage mich aber, ob die Herrschaften zu Hause beim gleichen Tempolimit ebenfalls auf der linken Seite fahren würden. Die letzten km des Südrandweges sind Privatweg, aber auf eigene Gefahr benutzbar, und die besteht hier eigentlich nicht, da Sackgasse und gesäumt von unbewohnten Sommervillen. Die Einfahrt ist unscheinbar, aber ausgeschildert, vor einer steil ansteigenden Rechtskurve der Hauptstraße. Erst zum Schluß nochmal 1600m Waldweg, aber das kann man verschmerzen.

Am Ende (Anfang?!?) des großen Stausees angelangt, gesellt sich die Kaiserroute mit auf meine Strecke und folgt einem der schönsten mir bekannten Radwege: größtenteils an einer alten Bahntrasse geht es das Möhnetal aufwärts in Richtung Rüthen und Brilon. Einziger Schwachpunkt: gräßliche Drängelgitter im Bereich der Gemeinde Warstein.
Wirklich Schwachsinn, sicher von besorgten Verwaltungsmenschen angeordnet, damit die Touristen nicht einfach auf die Straße fahren, wenn eine kreuzt. Deshalb haben sie vermutlich auch die Bordsteine nicht abgesenkt, da man ja sowieso über die Straße schieben soll.

Gegen 16 Uhr erreiche ich Kemker´s Bauernstübchen 500m abseits des Möhneradwegs in Warstein-Mülheim. Auf dem Hinweg war ich dort zufällig gelandet, weil mir die Route verloren ging. Es gibt leckere Gerichte zu moderaten Preisen mit gutem Service, und als Radler wird man nicht schief angesehen, wenn man zuerstmal verschwitzt seinen Wasservorrat auffüllt. Ich gönne mir was Gutes und 45 Minuten Pause, bevor es weiter geht.

Bachlandschaft im Möhnetal
Im Möhnetal

An Rüthen vorbei wird das Tal langsam enger, und nach einigen km verläßt die Kaiserroute den Lauf der Möhne um hinüber ins Almetal zu wechseln. Es geht recht steil bergauf nach Kneblinghausen, die schmale Straße ist aber frisch asphaltiert, was die Steigung gleich weniger schlimm erscheinen läßt. Oben auf der Höhe ist der Radweg nach rechts ausgeschildert Richtung Büren/Siddinghausen, das spare ich mir nach ganz miesen 10km, die ich dort auf der Hinfahrt hatte. Daß sowas als Teil eines Fernradweges in den Karten auftaucht, einfach unfaßbar.

Siddinghausen
Die Abfahrt nach Siddinghausen

Wesentlich bequemer ist es, der normalen Landstraße nach Siddinghausen zu folgen, oder den Schlenker über Meiste und Hemmern zu machen, jedenfalls kommt man so schnell und komfortabel runter an die Alme, wo Kaiserroute und Alme-Radweg zusammen fallen. Hier leider immer wieder längere Abschnitte mit Split oder gar Schotter, aber auch sehr enge Straßen, also das alte Dilemma: schnell voran kommen mit Tuchfühlung zum Blech oder Ruhe um den Preis der Langsamkeit.

Ich entscheide mich hinter Büren, das ich gegen 18.15 Uhr passiere, in Brenken das Almetal zu verlassen und die Straße auf der Höhe zu nehmen. Der Alme-Radweg hat zwar viele schöne Stellen, aber die kenne ich schon und will heute noch nach Hause. Die Strecke über dem Tal führt stets leicht bergab am Flughafen Paderborn-Lippstadt vorbei und ist ab Oberntudorf mit einem guten Radweg ausgestattet, so daß ich ab hier mit ordentlich Tempo die letzten 35 km angehen kann.

Radweg nach Wewer
Radweg nach Wewer

In Wewer treffe ich dann wieder auf die Alme, die westlich an Paderborn vorbei fließt. Vor den Toren der Stadt verlasse ich den Flußlauf und komme gegen 19.30 Uhr zu Hause im Paderborner Zentrum an.

Bei Kneblinghausen, Abfahrt ins Almetal
Bei Kneblinghausen, Abfahrt ins Almetal

Nach 140km bei 5h30´ reiner Fahrzeit (7h30´ mit Pausen, Kartenstudium und Fotos machen) wundert mich, wie entspannt ich noch bin. Morgen möchte ich trotzdem erstmal nicht fahren müssen. Aber wer weiß, die Senne ist gleich um die Ecke, flach wie ein Pfannkuchen und hat laaaange gerade Straßen…

Kartenmaterial:
Radwanderkarte Hochsauerlandkreis 1:50.000, Landesvermessungsamt NRW
Radwanderkarte Paderborner Land, gleicher Maßstab, BVA.
Weitergehende Fragen zum Streckenverlauf beantworte ich gerne per mail. [mailto: zephyr@kukulenz.de]

© 2003 Volker Kukulenz