Text – Foto: Jens Buckbesch
Liebe Freunde des Velomobiles, liebe Interessierte, es wurde in der Vergangenheit schon viel diskutiert über die Möglichkeiten, die ein Velomobil für seinen Besitzer bietet. Primär ist es einfach purer Fahrspaß und Freude an der Bewegung bei gleichzeitig gutem Wetterschutz und extrem hoher Fahreffizienz.
Ich will hier einen weiteren Aspekt beleuchten: das Velomobil als Alternative zum Auto auch im urbanen Raum.
Wir sehen die Möglichkeit von Mobilität per Automobil zunehmend eingeschränkt. Es ist nicht nur die chronische Überlastung vieler Straßen mit Wartezeiten im Stau, sondern auch die Tatsache, dass viele Städte ihre Zentren autofrei gestalten wollen, um wieder Lebensqualität und Attraktivität für ihre Bewohner und Besucher herzustellen.
Immer mehr Städte führen Tempo 30 ein, reduzieren Parkmöglichkeiten und erschweren oder verbieten den automobilen Individualverkehr. In der Planung vieler Städte soll der Autoverkehr durch Alternativen wie Fahrräder, Lastenräder, öffentliche Verkehrsmittel und E-Autos mit car-sharing ersetzt werden. Velomobile tauchen in diesen Konzeptionen leider nie auf. Der Autoverkehr wird also zunehmend aus dem öffentlichen Raum der urbanen Zentren verdrängt und durch eine Stadtarchitektur ersetzt, die ein ruhigeres, gesünderes und lebenswerteres Leben ermöglicht.
Hier entsteht ein riesiges Potential für Velomobile
Velomobile werden nie aus diesen neuen Lebensräumen ausgesperrt werden, denn sie emittieren keine Abgase, machen keinen Lärm und sind nachhaltig. Das besondere an ihnen in diesem Zusammenhang ist aber die Tatsache, dass sie, wie der automobile Individualverkehr, eine selbstbestimmte Mobilität ermöglichen, ohne die Nachteile von Automobilen. Das heißt, der Velomobilfahrer ist nicht angewiesen auf öffentliche Verkehrsmittel u.ä. und kann diese neuen Lebensräume erobern. Er hat weiterhin (wie im Automobil) hervorragenden Wetterschutz und mit seiner Fahreffizienz erreicht er mühelos jene Durchschnittsgeschwindigkeiten, die wir als Autofahrer in Innenstädten heute erreichen.
Damit könnten Velomobile zum schnellsten Individualverkehrsmittel in diesen Räumen werden.
Um zwischen Städten oder ihren Trabanten zu pendeln, stehen den Velomobilen zunehmend Radfernwege oder sogenannte Rad-Autobahnen zur Verfügung, die von Autos nicht genutzt werden dürfen.
Aus dem Gesagten ergibt sich eine strategische und perspektivische Überlegenheit gegenüber dem Auto.
Velomobile könnten einen wichtigen Beitrag leisten, bei der dringend notwendigen Minderung von CO2-Ausstoß im Verkehrssektor.
Der Hintergrund: Im Jahre 2015 haben 196 Staaten und die EU in Paris einen völkerrechtlich bindenden Vertrag geschlossen, um den Klimawandel zu bremsen. Das Pariser Klimaabkommen soll dafür sorgen, dass die Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit beschränkt wird. Weltweit ist die Durchschnittstemperatur bereits um etwa 1,1 Grad angestiegen. Rund die Hälfte des Anstiegs erfolgte in den letzten 30 Jahren (NASA 2018, IPCC 2014).
Überschreiten wir einen Anstieg von mehr als 1,5 Grad, droht das Überschreiten unumkehrbarer Kipp-Punkte im Ökosystem, was katastrophale Folgen für die gesamte Menschheit hätte. Dann wäre die Freiheit und der Wohlstand, wie wir sie heute kennen, akut gefährdet und viele Millionen Menschen müssten ihren Lebensraum verlassen. Die Einhaltung des 1,5°-CO2-Budgets erfordert CO2-Minderungsziele von mindestens 60% bis 2025 und mindestens 85% bis 2030 (jeweils gegenüber 1990).
Der Verkehrssektor ist der einzige Sektor, der seit 30 Jahren es nicht geschafft hat, seinen CO2-Ausstoß insgesamt zu verringern. Das Auto ist für Pendler in Deutschland auf dem Weg zur Arbeit das wichtigste Verkehrsmittel. 68 Prozent der Deutschen fuhren nach eigenen Angaben im Jahr 2021 mit dem Pkw in die Firma oder ins Büro – auch auf kürzeren Strecken. 2018 betrug der durchschnittliche Arbeitsweg 16,9 Kilometer.
Die Non-Profit-Organisation Greenpeace hat für 2020 folgendes berechnet: Lassen 40 Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland nur an zwei Tagen in der Woche ihr Auto stehen, sinken die CO2-Emissionen um 5,4 Millionen Tonnen. Außerdem legen die Pendler dann 35,9 Milliarden Kilometer weniger zurück. Auch die Auswirkungen auf die Gesundheitskosten (weniger Abgase, weniger Verkehrsunfälle plus Stärkung der Gesundheit durch Sport) wären enorm.
Das Velomobil als Individual-Verkehrsmittel stellt wie kein anderes eine attraktive Möglichkeit dar, das Auto in vielen Situationen zu ersetzen. Es bietet einen hervorragenden Wetterschutz, extrem hohe Fahreffizienz und enorme gesundheitliche Vorteile. Insbesondere als Pendlerfahrzeug kann das Velomobil einen wertvollen Beitrag zur Dekarbonisierung im Verkehrssektor leisten.
Und ich weiß aus eigener Erfahrung: mehr Spaß kann Klimaschutz nicht machen!