GOL zum zweiten Mal – 12. – 14.08.2016
Während bei der ersten Veranstaltung 2012 bereits 104 Gäste gemeldet hatten, trafen sich heuer 143 HPV- Freundinnen und –Freunde auf dem Gelände der seit 2008 zu einem Wohnquartier umgewidmeten Donnerschwee-Kaserne an der Schlieffenstraße im Oldenburger Nordosten.
Das Gebäude-Ensemble des ehemaligen Offiziercasinos, welches nun als Jugendprojekthaus dient und von großzügigen Gartenflächen umgeben ist, erweist sich mit seinen vielfältigen Möglichkeiten für Logis (14 Zimmer mit insgesamt 60 Betten und Arealen für Camping), Verpflegung und Feierlichkeiten als sehr geeignet. Auch seine Lage in geringer Entfernung zu Stadtkern und Bahnhof aber dennoch mit guter Anbindung an Ausfallstraßen ins Umland sowie die fairen Konditionen scheinen ideal.
Für viele Gäste begann das Treffen bereits während der Anfahrt am Freitag, denn das Angebot, sich in einer geführten Sternfahrt von den umliegenden Zentren Leer und Bremen anzunähern, wurde lebhaft angenommen. Wolfgang Wiese und Harro Frers wiesen diesen Gruppen den rechten Pfad. In die lauschige Dämmerung hinein fand dann am Freitagabend eine erste gemeinsame Tour an den Großen Bornhorster See statt, an dessen Ufern ein Sektempfang mit Musikbegleitung vom Duo «Keno und Hendrik» aus Sittensen bzw. Bremen gegeben wurde.
Am Samstag ab 8 Uhr konnte man in den Schlangen zum Frühstücksbuffet Zeuge von Disziplin und kultivierter Zurückhaltung unter den HPV-Anhängern werden, da die Grenzen der Kaffee-Logistik und Tischkapazität erreicht wurden. Das Warten lud aber zu ersten Gesprächen zwischen Übernachtungsgästen und Neuankömmlingen ein und lohnte sich überdies, denn das Buffet war reichhaltig und gut. Wer sein Frühstück auf dem Freiplatz einnahm, genoss den Blick über die Rasenfläche hinter dem Casino, die dicht mit bunten Zelten und Fahrzeugen verschiedenster Bauarten belegt war.
Aufbruch zur Tour
Gegen 9 Uhr schlug der Gong zur Begrüßung der Tagesgäste, offiziellen Eröffnung und den Erläuterungen zum geplanten Ausflug, vorgebracht von Dieter Hannemann. Unmittelbar danach sammelte sich das Feld am Ausgang des Geländes und eroberte im Verband die Straßen der Stadt.
Die Speiche
Im gemütlichen Tempo bewegte sich der Zug durch den Stadtteil Donnerschwee, fuhr durch den Gleistunnel am Bahnhof zum Hafenbecken, dessen U-förmiger Promenade es folgte, um dann wieder zur Hunte und später in Richtung Amalienbrücke und dem Altstadtring abzubiegen. Auf der gesamten Strecke wurden hierbei Einmündungen und Kreuzungen von zahlreichen Helferinnen und Helfern aus dem Kreis des Oldenburger Liegeradgruppe gesichert, was nur dem besonderen Einsatz geschuldet war, dass sie die Kohorte Mal um Mal mit doppelter Geschwindigkeit überholten, um an den nächsten Wegpunkten erneut zur Stelle zu sein. Ihnen verdanken die Teilnehmenden neben der Sicherheit auch das verhaltene Hochgefühl, einmal seelenruhig rote Ampeln und Vorfahrtsregeln missachtet haben zu dürfen. Ein Lob ist aber auch den Motoristen der Stadt auszusprechen, die ihre unfreiwilligen, durchaus minutenlangen Stopps für die in Zweierreihen passierenden Liegeräder sehr geduldig hinnahmen.
Beim Fahrradladen «Die Speiche» in der verkehrsberuhigten Alten Donnerschwee Straße gab es die erste planmäßige Pause. Seit Jahrzehnten schon hat dieses Geschäft Liegeräder im Programm und sich dadurch eine besondere Position im Nordwesten erarbeitet. Viele erfrischten sich am Obstbuffet, das der Inhaber Hermann Henning spendiert hatte und betrachteten die Fahrzeuge im Ausstellungsraum.
Vor dem Aufbruch ins Grüne
Kurz war die nächste Etappe bis zum Innenhof des Gemeindehauses in der Kranbergstraße. Vor dem Aufbruch ins Grüne boten sich hier – manchem recht willkommen – Toiletten und mehrere Läden im Umkreis zur Versorgung mit privatem Proviant. Kleine Gruppen bildeten sich zu Gesprächen über Fahrzeuge, Reisen und frühere Treffen, doch pünktlich nach 30 Minuten Aufenthalt schlug der Gong zum Aufbruch.
Stand-Up-Padelling
Nun rollte der Verband am alten Wasserturm vorbei, auf kleinen Straßen am Ortsrand entlang, durch den noch dörflichen Kern von Bornhorst wieder an den Großen Bornhorster See. Dort war der «Stand-Up-Padelling-Cup» arrangiert: Von einem Steg aus konnten jeweils drei Starter/Innen gleichzeitig das Rennen um eine Tonne herum antreten; nach einem Ausscheidungs-Modus wurden die Teilnehmer der jeweils nächsten Runden bestimmt. Für unbeholfene oder allzu waghalsige Wettbewerber endeten die Läufe zumindest in einer Erfrischung.
Am Pfad zum See hatten Gabi Bode und Matthias Schiller ihre Station zum Geocaching aufgeschlagen. Sie hielten kurze Vorträge über Methoden, die trickreich in der Landschaft versteckten Objekte aufzufinden, zu bergen und zu öffnen. Anhand von Exponaten wurden die verschiedenen Schwierigkeitsgrade von Verstecken erläutert, denen nach oben hin offenbar keine Grenzen gesetzt sind: Die Suche kann in Baumwipfel oder die Kanalisation führen. Ebenso verblüffend ist die Verschlagenheit der Suchenden und Raffinesse der Ausrüstung, um die teils perfekt getarnten Caches zu entdecken.
Handwerkliche Leckerbissen
Im Fahrzeug-Park fielen einige technische und handwerkliche Leckerbissen auf, von denen hier einige vorgestellt werden. Kilian Kreuzinger aus Lübeck ist Erbauer des Holz-Velomobils «Healy». Die Karosse wirkt einerseits futuristisch und mit ihrer sehr geringen Bodenfreiheit äußerst sportlich, andererseits erinnert die Komposition gebogener Flächen an Flugobjekte des frühen 20sten Jahrhunderts. Jedenfalls beweist sie, dass Kilian, der als Bühnenbildner arbeitet, sein Holzbildhauer-Handwerk brillant versteht. Die einseitige CFK-Schwinge ist ein zusätzliches Highlight.
Mit von der Partie war zudem ein Tripendo-Doppelpack. Magnet für neugierige Blicke war die zuschaltbare Neigetechnik – ein veritables Meisterstück. Sie zeigt ihre Vorteile nicht nur in engen Kurven, sondern vermag auch Fahrbahn-Wölbungen so auszugleichen, dass man dennoch senkrecht sitzt.
Zwei aus der seltenen Gattung Tripendo
(Konstrukteur Frank Schliewert r.)Healy ist das Ergebnis von 18 Monaten Handarbeit
Farbige Kettenrohre
Kleines aber feines Detail: Angelika Holte aus dem Land Wursten fand eine Quelle für farbige Kettenrohre und rüstete ihren Kurzlieger damit aus. Sie sind nicht nur aus optischen Gründen angenehm, sondern bestehen auch aus einem besonders zähen und reibungsarmen PA-Material. Zubeziehen über Firma Landefeld aus Kassel.
Propeller-Tragflächen-Boot
Weitere Attraktion auf der Wiese am See war die Studie eines Propeller-Tragflächen-HPBs von Heiko Stebbe. Bewiesen ist bisher nur, dass sie schwimmt. Dennoch boten sowohl die Hülle aus mehrlagig gebundenen Furnierstreifen als auch die Umsetzung der Transmission dem wohlwollenden Betrachter Lehrstücke «mutiger» Lösungen. Der Erbauer selbst räumte ein, dass die Form der Propeller- und Tragflächen-Blätter einer gewissen Optimierung bedarf. Ein anderes von Heiko gestelltes HPB – auf Basis eines Kajaks und ausgerüstet mit einem eher konventionell anmutenden Schraubenantrieb -, erwies sich hingegen vor Ort als schnelles und wendiges Boot. Hierin sorgte der Korpus einer alten Handbohrmaschine für die nötige Umlenkung und Übersetzung der Tretkraft – ein genialer Kniff.
Knicklenker-Workshop
Auch die AussenKurvenKratzer (AKK), die während der gesamten Veranstaltung auf einem Tartan-Platz hinter dem Casino erprobt werden konnten, entstammen Heikos und Fidi Tscheschels Werkstatt. Sie auf Anhieb durch einen Kurs zu navigieren, ist nur wenigen Begnadeten vorbehalten.
An der Durchfahrt zum See bot Fidi seinen «Knicklenker-Workshop» an. Mehrere Modelle der Python-Bauform in ein- oder dreispuriger Ausführung konnten inspiziert und erprobt werden. Etwa 30 Gäste ließen sich einweisen und probierten die Fahrt. Insbesondere den einspurigen Knick-Velos wurde überwiegend ein «spezielles» Handling attestiert. Jener Teilnehmer, dem auf Anhieb eine anmutige Testfahrt gelang, musste einräumen, ein erfahrener Flevo-Pilot zu sein. Fidis Ermutigung «wenn man es erst einmal kann, läuft es wunderbar» klang in den Ohren vieler daher wie «die süßesten Früchte hängen sehr hoch».
Ebenfalls am Ufer des Sees textete und probte der «Große Oldenburger Liegerad-Chor» für seinen am Abend geplanten Auftritt. Nur wenige Stunden fieberhaften Übens mit Daniela Festi mussten ausreichen!
Nächster Tourabschnitt
Gegen 14 Uhr begann das Sammeln zum nächsten Tour-Abschnitt. Er sollte über ca. 17 km gen Westen führen. Auf gut asphaltierten Nebenstraßen ging es zum Ausflugs-Café «Mansholter Wege». Dieses ehemalige Gehöft war bereits 2012 Haltepunkt. Unter alten Eichen wurde abgesattelt und beim köstlichen Kuchen zugegriffen. Der Service war flink und gut auf den Ansturm vorbereitet. Nahezu unbemerkt hatten sich währenddessen Regenwolken gesammelt, die jedoch immer wieder Lücken freigaben und glücklicherweise ihren Drohungen keine Taten folgen ließen.
Heimweg
Gestärkt nahm die Schar den «Heimweg» auf, der über Ofenerdiek und Etzhorn am Flötenteich vorbei wieder zum Jugendprojekthaus führte. Insgesamt war die Route sehr angenehm und geschickt ausgewählt, zeigte eindrücklich die Charakteristik der Oldenburger Landschaft und vermied weitestgehend riskante Punkte. Unmittelbar nach der Rückkehr setzte dann doch Regen ein, was einige Unverdrossene nicht davon abhielt, im Freien weiter zu plaudern oder sich selbst auf dem Außen-Kurven-Kratzer-Parcours herauszufordern.
Das Licht reichte jedoch noch für ein Gruppenfoto (siehe am Anfang des Artikels).
Spätestens der Gong zum Abendessen überzeugte dann doch, die Räumlichkeiten aufzusuchen. Das sehr reichhaltige und schmackhafte Buffet konnte diesmal von zwei Seiten «angegriffen» werden, da alle Speisen doppelt aufgetischt waren. Das wurde alsbald bemerkt und so kamen die ausgezehrten Gäste rasch an ihre Kost. Die gegrillten Käse- und Tofu-Stücke sahen so verlockend aus, das einige Flexitarier geneigt waren, in der fleischlosen Abteilung zu stibitzen. Das Ratatouille bekommt von mir ebenfalls die volle Punktzahl. Angesichts der ca. 40 nassen und daher entfallenden Plätze auf der Terrasse kam es im Casino und den zwei regensicheren Lauben zu einer recht kommunikativen Sitzordnung.
Um 20:30 wurde dann zur Versammlung in den Vortragssaal gebeten, der bei enger Bestuhlung grade alle Teilnehmer/Innen fasste. Ein Blick auf das Publikum offenbarte, dass alle Altersstufen vorhanden waren; insbesondere auch die höheren Semester waren zahlreich vertreten. Zur Einstimmung lief ein Filmtrailer vom GOL 2012 und den Folgejahren von Janin und Fidi Tscheschel, gefolgt von einer Darbietung des Großen Oldenburger Liegeradchores. Regine Meyer und Rüdiger Jürgens trugen Sketche vor: Ihr Motiv von der «pissgeilen Schaltung für einen Arsch voll Geld» bleibt als derbe Satire zum ausufernden Technizismus in Erinnerung. In einem anderen Stück wurde der überinformierte Kunde eines Zweiradladens schonungslos parodiert. Ein weiterer Film-Beitrag von Fidi und Janin demonstrierte anschließend die praktische Ermittlung kinematischer Grenzbereiche eines dreispurigen Knicklenkers. In der nachfolgenden von Dieter gehaltenen Festrede wurden u. a. Buchpreise (Bett & Bike) für die früheste Anmeldung (1. Feb.) und die weiteste Anreise per Rad (700 km) vergeben; das schmutzigste Rad wurde mit einem Kleingebinde «Radglanz» gewürdigt. Gewinner GOL-SUP-Cup ist Christian Kahlmeier, der als Preis eine Ortlieb Fahrradpacktasche erhielt. Applaus brandete für die mit 85 Jahren älteste Teilnehmerin Inge Heitland auf. Zum Ausklang warf Hans kunstvoll überblendete Szenen des Tages an die Leinwand und entließ mit diesen Erinnerungen das Publikum zum geselligen Trunk.
Am Sonntag verabschiedete man zunächst einige Gäste, vornehmlich jene aus den Niederlanden und Dänemark, um danach im kleineren Verband eine Ausfahrt die Hunte aufwärts anzutreten. Nach 17 km erreichte die Gruppe das Melkhus Achternmeer. Hier wurde das GOL 2016 offiziell beendet. Der Standort bot günstige Routen für die Heimreise nach Bremen oder Leer und die Chance sich zuvor noch einmal kulinarisch verwöhnen zu lassen. Ein merklich kleinerer Trupp fuhr also wieder zurück zur «Kaserne». Während das Orga-Team mit den Helfern bei Kaffee und Kuchen dort ein erstes Resümee zog, bauten die letzten Gäste ihre von der Nachmittagssonne getrockneten Zelte ab – schon in Gedanken an das nächste GOL.
Zusammenfassung
Ein sehr solide und umsichtig organisiertes Treffen mit überregionaler Ausstrahlung, ausgerichtet von einem engagierten und großen Team an einem vortrefflich geeigneten Ort (der allerdings mit 140 Teilnehmern sein Limit erreicht) in einer HPV-freundlichen Stadt mit attraktiven Ausflugszielen im Umfeld. Im Gegensatz zu den Veranstaltungen des HPV-Sports ein Ereignis, das mehrere Generationen über ein gemeinsames Hobby zu verbinden vermag. Die hohe Zahl der Gäste deutet auf den Wert solcher Zusammenkünfte hin und bereitet Vorfreude auf das 3. GOL 2020. Der HPV-Verein dankt dem von Hanna und Dieter geführtem Orga-Team, sowie allen 29 Helferinnen und Helfern für dieses famose Wochenende!
aus: IB 191 – Text: Jan Kranczoch
Nachtrag – Geschichte und Personen des GOL
2011 besuchte eine Delegation aus Oldenburg das Velomobiltreffen in Aurich. Dies war hervorragend organisiert, hatte aber nur 15 Teilnehmer/Innen. Auf der Rückreise fassten Hanna Brunkhorst und Dieter Hannemann den Beschluss, ein ähnliches Meeting in Oldenburg anzubieten. Sogleich wurden Daniela (EDV und Anmeldung) und Florian Festi in das Vorhaben eingeweiht und sagten ihre Unterstützung zu; später ebenso Martin Klostermann als Kassenwart und Tourenplaner. Schon im nächsten Sommer gab es das 1. GOL – seither findet Olympia immer im GOL-Jahr statt! Heiko Stebbe und Hans Mayer sind für Workshpos und mediale Dokumentation feste Größen im Team, 2016 kam Fidi Tscheschel noch dazu. Thomas Ribbrock (NL) und Dirk Bonne (DK) die Ansprechpartner für Interessenten in den Nachbarländern.