Mochets Fahrradinnovationen

Die Familie Mochet hat Innovatives geleistet und neben dem Liegerad das Velomobil erfunden. Damals hießen diese Pedalfahrzeuge aber noch Velocars.

Text: Andreas Pooch – Fotos: Mochet aus Archiv Gronen

In den Kriegs- und Besatzungszeiten in Frankreich und hier vor allem in Paris, kamen karossierte vierrädrige Pedalfahrzeuge in Mode, denn durch den Krieg war die Mobilität und die Rohstoffversorgung schwierig geworden und der Muskelantrieb bot so Alternativen für die Menschen.

Velorizontal
Velorizontal

Eigentlich war es eher Zufall, dass die Mochets zum Bau der Velocars kamen. Denn der Firmenschwerpunkt war die Produktion von sportlichen Kleinstautos mit 350 ccm Benzinmotoren. Ungefähr im Jahr 1925 wollte Sohn George Mochet endlich auch ein Fahrrad haben, wie seine Kameraden, jedoch wollte Mutter Mochet das nicht, wegen des schrecklichen Pariser Verkehrs. So baute der Vater schließlich seinem Sohn ein «Tretauto». Es war aber nicht vergleichbar zu den üblichen Kinderspielzeugen, die man allgemein darunter fasst. Es war ein solide gebautes Fahrzeug für die offene Straße, vielleicht ein wenig zu schwer, mit Karosserie und vier Rädern. Es hatte einen eleganten Rahmenbau, Stummelnaben, drei Gänge und Freiläufe an den Hinterrädern, um ein Differential nachzuahmen. Es fand großen Anklang und bald wurden auch Varianten für Erwachsene gebaut.
Die ersten Modelle hatten eine Aluminiumkarosserie, die leider die Fahrgeräusche (Schalten, Klickern der Lager etc.) verstärkte. Daraufhin wechselte man beim Karosseriebau zu Sperrholz.

Mochet im Zweisitzer
Mochet zweisitziges Pedalauto

Zwar hatte das Velocar denselben Preis wie ein Motorfahrzeug gleicher Größe, jedoch waren die Unterhaltskosten viel geringer. Der weitere Vorteil war, dass jeder Fahrradhändler Reparaturen vornehmen konnte. Sämtliche Ersatzteile konnte man bei den Mochets beziehen. Nach dem Krieg aber wollten die Menschen nicht mehr selber treten, der Siegeszug des Motors setzte sich fort und die Velocars wurden bald nicht mehr gebaut. Solange die Nische der Lizenzfreien Miniautomobile noch bestand, wurden diese Motorfahrzeuge weiterhin produziert. Als jedoch eine Begrenzung auf 40 km/h eingeführt wurde, brach der Verkauf zusammen.

Velocar mit Aerokarosserie
Velocar mit Aerokarosserie

Mochet wollte auch demonstrieren, wie schnell eine Velocar fahren könnte. Es wurde eine Stromlinienvariante gebaut, bei der die Vorderräder in der Verkleidung untergebracht waren. Auch hatte es eine elegante Kopfhaube. Leider gibt es keine Bilder mehr davon. Das Fahrzeug konnte nicht auf der Radrennbahn für Rekordversuche eingesetzt werden. Die eng beieinander stehenden Hinterräder wurden daher durch ein einzelnes Hinterrad ersetzt. Das reduzierte zwar den Rollwiderstand, für kommerziellen Nutzen war das Dreirad wegen seiner Eigenschaften als Schlaglochsuchgerät ungeeignet. Also halbierte Mochet einfach sein Velocar und erhielt damit das Zweirad Velo Velocar oder auch Velorizontal genannt. Mit der windschnittig verkleideten Form errang dann Francis Faure neue Geschwindigkeitsrekorde.

Auf der Motorad- und Autoschau in Paris 1932 stellte Mochet seine Velocars aus.

Mochet auf der Autoschau 1932 in Paris
Motorrad- und Autoschau 1932
Buch Human Power
Human Power

Diese Zusammenfassung basiert auf dem sehr zu empfehlenden Buch «HUMAN POWER the forgotten energy» von Arnfried Schmitz & Tony Hadland von 1999. Darin beleuchtet Arnfried Schmitz die «Liegeradgeschichte» von 1913 bis 1992. Das Buch finden Sie leider nur noch antiquarisch, zum Beispiel bei www.fahrradbuch.de!
Oder (als Neuauflage) beim Britsh Human Power Club.

Auch Wikipedia kennt das Velocar! Schön ist auch die Seite von Jeff Maxwell bei Pinterest.

Mochet mit Wohnwagen

von Christian Precht, Zürich im Info Bull 143.

Wer glaubt, die Körperkraft des Menschen sei begrenzt, muss vielleicht umlernen. Beim Stöbern im Internet bin ich auf dieses Foto eines Mochet Velocars mit angehängtem Wohnwagen gestoßen.

Un Tour de Monde avéc le Velocar
Velocar mit Wohnwagen

Der Text besagt: „Zwei Franzosen vollendeten eine Reise um die Welt im VELOCAR mit einem komfortablen Wohnanhänger.“ Mehr Informationen habe ich nicht gefunden. Wenn jemand mehr weiß, bin ich um eine Mitteilung dankbar. Jedenfalls bekommt man sofort Lust, mit diesem Gespann zu einer Reise um die Welt aufzubrechen. Wenn man die erfolgreich hinter sich gebracht hat, kann man wahrscheinlich auch die Tour de France gewinnen, ohne Doping und auf einem normalen Rennrad. Spaß beiseite. Hut ab vor der Reise dieser beiden Franzosen. Zu ihrem Diavortrag würde ich jederzeit gehen.